Gut versteckt: die eigentlichen Neuigkeiten

Was wie eine technische Militärmeldung klingt, hat eine tiefere politische Sprengkraft: Die Schweizer Armee übt wieder mit Panzern in Österreich – erstmals seit über 30 Jahren. Während das neutralitätspolitisch zunächst unbedenklich scheint, lässt ein unscheinbarer Nebensatz des SVP-Ständerats Werner Salzmann aufhorchen: Er stellt einen zentralen Grundsatz der Schweizer Neutralität infrage – das Verbot, Soldaten gegen ihren Willen ins Ausland zu schicken. Ein kleiner Satz, der weitreichende Folgen haben könnte.

Manchmal kommt die Wahrheit gut versteckt in einem Nebensatz daher. Im April wurde als grosse Neuigkeit gemeldet, dass die Schweizer Armee auf dem österreichischen Truppenübungsplatz Allensteig im Waldviertel in Niederösterreich den Kampf mit verbundenen Waffen übt. Panzern wurden in der Schweiz auf Eisenbahnwagen verladen und auch Soldaten reisten mit voller Bewaffnung nach Österreich (siehe zum Beispiel hier). 

Es ist nicht das erste Mal, dass vor allem Schweizer Panzertruppen in Allensteig üben – auch wenn die letzte Durchführung mehr als 30 Jahre zurückliegt. Als ich noch bei den Panzertruppen war, wurde ich auch angefragt, an einer solchen Übung teilzunehmen.

Solche Übungen sind sinnvoll, weil man dort mit verbundenen Waffen und mit scharfem Schuss üben kann. In der Schweiz hat der grosse Panzerwaffenplatz Bure im Jura nur den Bruchteil der Grösse von Allensteig und wegen der Grenznähe ist der Gebrauch von scharfer Panzermunition beschränkt. Ähnliches gilt für allen Panzerwaffenplätze in der Schweiz.

Auch neutralitätspolitisch ist das Ganze völlig unproblematisch, wie der Schweizer Ständerat Werner Salzmann (SVP, Bern) richtig sagte. Aber dann kam die Neuigkeit im Nachsatz:

Jedem Schweizer Soldat wird gesagt, dass es gesetzlich verboten ist, ihn ausserhalb des Landes einzusetzen – ausser er sei einverstanden. Die Kontingente an der Demarkationslinie in Korea oder das KFOR-Kontingent in Kosovo besteht deshalb ausschliesslich aus Freiwilligen. Damit versteht der Schweizer Soldat, dass die Armee, in der er dient, ausschliesslich der Verteidigung des eigenen Landes dient.

Bei diesem Gesetz handelt es sich um einen der Grundpfeiler der Schweizer Neutralität. Und nun stellt Salzmann genau das in Frage. Natürlich wäre es einfacher, Truppen schlicht aufzubieten, anstatt nach Freiwilligen zu rufen. Und Salzmann wird wohl auf Nachfrage präzisieren, dass er natürlich nur vorschlage, für Übungen im Ausland eine Ausnahme aus dieser bisher ehernen Regel zu machen.

Nach der einen Ausnahme kommt dann wahrscheinlich die Ausnahme für «peace keeping» wie bei der KFOR, dann kommt die Ausnahme für «peace enforcement» und dann fällt das Gesetz ganz.

So geht das in der politischen Kommunikation. Man wirft einen Stein in den Teich und schaut, wie heftig die Wellen sind. Wenn sie nicht allzu heftig sind, macht man weiter.

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