Unter dem Vorwand der Wirtschaftshilfe will das Parlament die Schweizer Waffenexportregeln aufweichen – und damit eine der letzten roten Linien der Neutralität opfern.
Was lange undenkbar schien, soll nun Realität werden: Schweizer Waffen könnten bald wieder in Krisenregionen und Diktaturen landen. Die sicherheitspolitische Kommission des Nationalrats hat entschieden, dass der Bundesrat künftig nur noch ausnahmsweise eine sogenannte Nichtwiederausfuhr-Erklärung verlangen muss. Damit wird eine zentrale Schutzmauer der Schweizer Neutralität eingerissen – und das im Namen der «Wettbewerbsfähigkeit», wie die Medien meldeten.
Offiziell geht es darum, der darbenden Rüstungsindustrie unter die Arme zu greifen. Denn die Hersteller klagen, dass potenzielle Kunden durch die strikten Exportauflagen abgeschreckt werden. Besonders das Nein zur Weitergabe von Schweizer Piranha-Radschützenpanzern an die Ukraine soll der Branche geschadet haben. Doch was als Wirtschaftsförderung verkauft wird, ist in Wahrheit ein gefährlicher Dammbruch: Waffen könnten künftig auch über Umwege in Länder gelangen, in denen Bürgerkrieg herrscht oder Menschenrechte mit Füssen getreten werden.
Kritiker wie SP-Nationalrat Fabian Molina sprechen von einem «kompletten Tabubruch». Die geplante Regelung komme einer faktischen Aufhebung der Exportkontrolle gleich. Damit riskiere die Schweiz nicht nur ihre Glaubwürdigkeit als neutrale und humanitäre Akteurin, sondern mache sich auch mitschuldig an künftigen Konflikten.
Die bürgerlichen Parteien hingegen feiern den Entscheid als «pragmatischen Durchbruch». Ihre Argumentation: Nur wer Teil internationaler Rüstungsnetzwerke bleibe, könne sich im Ernstfall auf Waffenlieferungen verlassen. Eine zynische Logik, die militärische Abhängigkeit mit moralischer Beliebigkeit verwechselt.
Besonders irritierend: Noch vor wenigen Jahren hatte sich die Mitte-Partei für strengere Regeln eingesetzt. Nun redet sie von einer «neuen Realität» und vom drohenden Tod der Schweizer Rüstungsindustrie. Diese Kehrtwende zeigt, wie rasch wirtschaftlicher Druck politische Prinzipien verdrängt.
Wenn das Parlament der Vorlage zustimmt, wird die Linke das Referendum ergreifen. Doch selbst eine Volksabstimmung kann nur ein Teil des Schadens rückgängig gemacht werden: Die Schweiz steht bereits jetzt am Rand eines sicherheitspolitischen Identitätsverlusts. Zwischen Exportbilanzen und moralischem Anspruch scheint sich die Politik längst entschieden zu haben – und zwar für die Kasse statt für das Gewissen.