Ständeratskommission lehnt Neutralitätsinitiative ab – Debatte spitzt sich zu

Die Aussenpolitische Kommission des Ständerats empfiehlt, die Neutralitätsinitiative ohne Gegenvorschlag abzulehnen. Das sorgt für Spannung vor der Sommersession – und könnte für die Abstimmung über die Schweizer Neutralität entscheidend sein.

Die Neutralitätsinitiative, die im April 2024 eingereicht wurde, verlangt eine feste Verankerung der Schweizer Neutralität in der Bundesverfassung. Das Anliegen polarisiert die Politik. Nun hat die Aussenpolitische Kommission des Ständerats (APK-S) ihre Haltung festgelegt: Sie empfiehlt dem Ständerat mit klarer Mehrheit (9:3 Stimmen bei 1 Enthaltung), die Initiative ohne direkten Gegenvorschlag abzulehnen.

Die Entscheidung über einen möglichen Gegenvorschlag fiel hingegen äusserst knapp aus: Mit 7 zu 6 Stimmen lehnte die Kommission auch diesen ab. Damit bleiben Stimmbürgerinnen und Stimmbürger vorerst ohne alternative Abstimmungsoption, sollten National- und Ständerat dem Kommissionsvotum folgen.

Die Kommissionsmehrheit argumentiert, dass die heutige Praxis einer «flexiblen Neutralität» beibehalten werden sollte. Eine starre Definition in der Verfassung sei unzeitgemäss und würde den aussenpolitischen Spielraum der Schweiz gefährlich einengen.

Doch diese Haltung ist nicht unumstritten. Eine Minderheit in der APK-S sieht die Glaubwürdigkeit der Schweizer Neutralität durch die aktuelle Praxis gefährdet. Sie fordert entweder eine Verankerung im Verfassungsrecht oder zumindest einen Gegenvorschlag, um die Volksabstimmung differenzierter zu gestalten. Ein solcher Gegenvorschlag hätte dem Souverän eine dritte Option eröffnet: Weder vollständige Ablehnung noch radikale Verfassungsänderung – sondern eine moderatere Anpassung.

Die Debatte geht nun ins Plenum: In der am Montag beginnenden Sommersession wird sich der Ständerat mit dem Vorschlag der Kommission auseinandersetzen – samt Diskussion über einen möglichen Gegenvorschlag. Angesichts des knappen Kommissionsvotums ist eine intensive und kontroverse Debatte zu erwarten.

Die Frage der Neutralität hat sich in den letzten Jahren stark verändert – von Micheline Calmy-Reys «aktiver» über Ignazio Cassis’ «flexible» Neutralität bis zur weitgehenden Übernahme von EU-Sanktionen. Dass die Kommissionsmehrheit trotzdem behauptet, die Schweizer Neutralitätspolitik sei konstant geblieben, wirkt historisch und politisch fragwürdig und entspricht nicht den Fakten.

Ohne Gegenvorschlag bleibt nur ein Ja oder Nein zur Initiative.

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