Mit scharfer Rhetorik fordert Sanija Ameti, Co-Präsidentin der Bewegung Operation Libero, ein radikales Umdenken in der Schweizer Aussenpolitik: Schluss mit der Neutralität, hinein in den europäischen Sicherheitsverbund.
In einem Gastbeitrag zeichnet sie das Bild einer Schweiz, die nicht länger Zaungast sein darf – sondern Verantwortung übernehmen muss.
Sanija Ameti, Co-Präsidentin der Operation Libero und ehemalige grünliberale (GLP) Politikerin, war im letzten Herbst in die Kritik geraten, nachdem sie ein Instagram-Bild veröffentlichte, auf dem sie beim Schiessen auf eine Zielscheibe mit religiösem Motiv – einer Darstellung von Maria und Jesus – zu sehen war. Sie erklärte später, sie habe den religiösen Inhalt nicht erkannt.
Nach öffentlicher Empörung und Rücktrittsforderungen, entschuldigte sie sich mehrfach öffentlich. Dennoch wurde ihre Erklärung vielfach als unzureichend empfunden. Ihr wurde mangelnden Respekt gegenüber christlichen Symbolen vorgeworfen. Als direkte Konsequenz wurde die Muslima aus der GLP ausgeschlossen.
Nach Monaten der relativen Stille meldet sich Sanija Ameti lautstark zurück auf der politischen Bühne – wie die Weltwoche diese Woche meldete – mit einem klaren Ziel: Die Schweiz soll sich von ihrer traditionellen Neutralität lösen und sich aktiv in die europäische Sicherheitsarchitektur einbringen. In einem viel beachteten Gastbeitrag für die Westschweizer Zeitung Le Temps spricht die Co-Präsidentin der Operation Libero von einem «Dornröschenschlaf», aus dem das Land endlich erwachen müsse.
Ameti fordert, dass sich die Schweiz der sogenannten «Koalition der Willigen» anschliesst – einer Initiative, angeführt von Grossbritannien und Frankreich, die eine verstärkte militärische und politische Unterstützung für die Ukraine vorsieht. Die Neutralität, einst Kern der Schweizer Aussenpolitik, sei in dieser weltpolitischen Lage nicht mehr haltbar. «Alles andere ist Desertieren», mahnt Ameti. Statt Zaudern brauche es Engagement, statt Isolation eine enge Einbindung in den «europäischen Sicherheitsraum» – ein Begriff, den sie als Gegenmodell zur Schweizer Zurückhaltung versteht.
Zuspruch erhält Ameti von Mitautoren ihres Kommentars: Lisa Marchon, Vorstandsmitglied der Operation Libero, und Till Burckhardt, Gründungsmitglied der linken Denkfabrik Foraus. Gemeinsam fordern sie ein Umdenken nicht nur in der Öffentlichkeit, sondern auch in der Politik – besonders im Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten (EDA), das Burckhardts Organisation mit über 100.000 Franken jährlich unterstützt.
Kritiker werfen Ameti vor, einmal mehr Pathos und wenig Substanz zu liefern. Einen konkreten Plan, wie die Schweiz ihren Beitrag leisten könnte, bleibt der Beitrag schuldig. Auch das Konzept des «Raums der Freiheit», das Ameti beschwört, wirkt angesichts der aktuellen geopolitischen Zerklüftung Europas eher visionär als realistisch.
Zusätzlich scheint Ameti nicht begriffen zu haben, was Neutralität wirklich bedeutet. Ein Neutraler foutiert sich nicht um die internationale Entwicklung, im Gegenteil. Er versucht, beide Seiten zu verstehen – wobei Verstehen nicht Billigen heisst – und bietet sich als Plattform für Lösungen und als Drehscheibe für Verhandlungen an.
Er darf deshalb eine Meinung haben, aber seine Neutralitätspolitik muss sicherstellen, dass er von allen Seiten als neutral angesehen wird. Eben gerade nicht lautstark, substanzlos und mit aggressiver Rhetorik wie Ameti.