Solidarität mit den Opfern, aber keine Parteinahme für Kriegsparteien, ist eine der Kernaussagen aus dem Interview mit «Zeitgeschehen im Fokus»
Seit über 200 Jahren prägt die Neutralität die Schweizer Aussenpolitik. Für den emeritierten Soziologieprofessor Wolf Linder ist sie nicht bloss ein taktisches Instrument, sondern eine Friedensethik, die Herz und Verstand verbindet: Solidarität mit den Opfern, aber keine Parteinahme für Kriegsparteien.
Angesichts des Ukraine-Kriegs und der Übernahme von EU-Sanktionen kritisiert er den Bundesrat scharf. Neutralität dürfe nicht zum «Sympathieartikel» verkommen, sondern müsse glaubwürdig bleiben – gerade als Grundlage für Vermittlung und humanitäre Hilfe.
Linder befürwortet deshalb die Neutralitätsinitiative, die den Grundsatz in der Verfassung verankern will. Damit entziehe man die Neutralität der willkürlichen Interpretation des Bundesrats.
Einen Nato-Beitritt schliesst er kategorisch aus: «Neutralität und Nato – das geht nicht.» Schon die schleichende Integration über Rüstungsprogramme oder Sicherheitskooperationen gefährde Souveränität und Glaubwürdigkeit.
Sanktionen sieht er kritisch: Sie träfen meist die Bevölkerung statt Regierungen, verlängerten Konflikte und seien oft Instrumente der Mächtigen. Die Schweiz solle sich deshalb auf Uno-Massnahmen beschränken.
Neutralität sei auch innenpolitisch bedeutsam: Sie halte die Schweiz als mehrsprachiges, kulturell diverses Land zusammen. Ohne sie, so Linder, bliebe die Eidgenossenschaft ein Banken- oder Tourismusland – nicht aber eine glaubwürdige Stimme des Friedens.
Quelle: Zeitgeschehen im Fokus: «Die schweizerische Neutralitätspolitik verbindet seit je Herz und Verstand». 27.8.2025
Website von Wolf Linder
Website der Initiative «Neutralität für Frieden und Ausgleich», die vor allem Linke und Grüne von der Neutralitätsinitaitive überzeugen will.